Operation Fundament
#1
Eintrag vom Freyrdaag, 28. Lensmond 2466 ii
Ort: Insel Braadia, westliches Hochplateau, Sperrzone 7/13
Er trug gelbe Schuhe.

Sie waren zu neu für diesen Boden. Der Beton war rissig, die Steine darunter scharf, der Regen hatte den roten Staub in die Fugen gespült. Aber die Schuhe waren neu. Gelb. Zu gelb.
Niemand sprach ihn darauf an.
Er hieß Miirik, vielleicht auch anders. Trug einen Ausweis, der flackerte, als sei er frisch überschrieben. Er sagte nicht viel. Hielt sich an den Kranführern vorbei, duckte sich unter der Plane hindurch, verschwand dann tiefer in die Rampe, die noch keinen Namen hatte.
Zwei Ebenen unter Null.
Dort, wo es immer riecht, als würde Beton atmen.
Die Ventilatoren liefen nicht. Noch nicht.
Aber der Strom war da.
Und das Flimmern an der Wand, das nicht auf Baupläne passte.
Die Maschinen arbeiteten ohne Pause.
Ohne Erklärung.
Ohne Pause.
In den Pausenzelten redete man flach. Niemand stellte Fragen. Die, die zu viel wussten, wurden versetzt. Die, die zu wenig wussten, auch. Miirik blieb.
Er schrieb manchmal in ein Notizbuch. In Spalten. Immer ohne Datum.
Heute schrieb er:
"Licht kam aus dem Beton. Kein Kabel. Kein Geräusch. Nur Licht."
Dann schloss er das Buch.
Dann ging er weiter hinunter.
Niemand fragte, was er sah.
Eine Esche weiß ich, heißt Yggdrasil,
den hohen Baum mit heiligem Wasser besprengt;
von ihm fällt Tau in die Täler nieder,
immergrün steht er am Urdbrunnen.

Völuspá, Die Edda

Das Schicksal ist ein Netz, gewoben von Urd, Verdandi und Skuld – unausweichlich, unergründlich, und doch voller Möglichkeiten.
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