Ausbildungsbericht
#1
Die Übung war korrekt vorbereitet, das Szenario realistisch, die Einheit gut eingespielt. Es handelte sich um eine urbane Lage mit eingeschränkter Kommunikation und unklarer Zivilpräsenz. Ein klassisches Setting, wie es im Ausbildungsbetrieb regelmäßig vorkam.

Der anfängliche Befehl lautete auf Sicherung und Beobachtung. Er war bewusst knapp gehalten, ließ aber Raum für Lageentwicklung. Die Einheit setzte ihn präzise um. Positionen wurden bezogen, Sicherungen eingerichtet, Funkdisziplin eingehalten.

Was nicht geschah, fiel erst im Nachhinein auf. Es gab keine eigenständige Aufklärung, keinen Versuch, die blockierte Achse zu umgehen, keine Initiative, die Lage neu zu bewerten, als sich das Zeitfenster schloss. Man wartete.

Als das Übungsziel offiziell als verfehlt markiert wurde, war die Überraschung groß. Nicht Empörung, eher Irritation. Die Soldatinnen und Soldaten hatten alles getan, was verlangt worden war. Sie konnten jeden Schritt begründen, jedes Protokoll sauber vorlegen.

In der Nachbesprechung fragte der Ausbilder, warum niemand versucht habe, die Situation eigenständig aufzulösen. Die Antwort kam ruhig und geschlossen: Es habe keinen entsprechenden Befehl gegeben.

Der Ausbilder ließ sich Zeit. Er widersprach nicht sofort. Erst nach einer Weile sagte er, dass genau darin das Problem liege. Dass Disziplin nicht bedeute, das Denken einzustellen, sondern es dort zu beginnen, wo Befehle unvollständig seien.

Die Einheit nahm das zur Kenntnis. Es gab keine Widerrede. Aber auch keine sichtbare Erleichterung.

Später vermerkte der Ausbilder im Protokoll, dass die Einheit zuverlässig, regelkonform und belastbar sei. Und fügte hinzu, dass sie in ihrer jetzigen Form nur begrenzt geeignet sei, unvorhergesehene Lagen eigenständig zu bewältigen.

Der Satz wurde nicht weiter kommentiert, aber intern weitergereicht.
Das Heer der Freien Irkanischen Republik
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