[Naugard] (WG-)Wohnung von Aня Kasperskaya
#29
Die Küche ist erfüllt vom seichten Summen des Kühlschranks und dem gelegentlichen Tropfen aus dem Wasserhahn. Ein trüber Lichtstreifen fällt durch das Fenster auf den Tisch, auf dem Ekaterinas Tasse längst leer und der Löffel ist in trägen Kreisen längst liegen geblieben.

Ekaterina sitzt da, die Schultern nach vorn gerollt, Ellbogen aufgestützt, eine Zigarette zwischen den Fingern. Sie dreht sie langsam. Erst im Uhrzeigersinn. Dann gegen. Der Filter streift ihre Lippen, bleibt dort kurz, als sie mit geschlossenen Augen einatmet. Das Feuerzeug klickt. Die Flamme flackert. Ein Zischen. Sie saugt den Rauch ein, hält ihn, als wolle sie damit den Stillstand vertreiben.

Ein grauer Schleier tanzt vor ihr in der Luft.

Langsam öffnen sich ihre Lider. Ihr Blick geht ins Leere, dann zum Geschirrtuch, das schief über dem Stuhl hängt. Dann zur Wand. Dann zu ihrem Handy. Wieder weg. Gedanken fliegen wie trockene Blätter. Prüfungen, Wohnung putzen, Andreys Party nächste Woche, der kaputte Wasserhahn, Aняs seltsamer Traum.

Und dann: eine fixe Idee.

Rollenspielgruppe ... zur ... Globalen Abkühlung.

Sie sagt es laut, immer wieder. Es klingt seltsam, aber auch… irgendwie gut! Sie stützt das Kinn auf die Hand. Die Zigarette hängt am Rand ihrer Lippe. Der Rauch kriecht in einer Linie zur Decke.

Eine Kampagne, denkt sie. Nicht Fantasy. Nicht Cyberpunk. Sondern: geopolitischer Klimasimulations-Wahnsinn. Die Charaktere: diplomatische Gesandte, Aktivistinnen, Lobbyistinnen, Desinformationsagent*innen. Das Ziel: den Eiszeitalter-Konflikt verhindern. Oder auslösen. Je nach Würfelglück. Oder Stimmung.

Wer würde mitspielen?

Aня? Vielleicht. Wenn sie es akademisch aufzieht. Diese Jekaterina vom Institut? Möglich. Der mysteriöse Nachbar mit der Sammlung historischer Uniformen? Wahrscheinlich ja.

Sie lehnt sich zurück, lässt den Rauch durch die Nase ausströmen und kramt in der Küchenschublade. Zwischen Streichhölzern, Briefmarken und einem halben Müsliriegel findet sie ihren alten roten D4.

Zwei oder weniger, ich lass es.

Sie schließt die Augen. Spürt das Gewicht des Würfels in der Hand. Dann wirft sie ihn mitten auf den Tisch. Er tanzt, schlägt gegen eine Kaffeetasse, bleibt liegen.


Die Welt wird sich abkühlen, so wie ihre Zigarette weiter glimmt und der Würfel zum liegen kommen wird.
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RE: [Naugard] (WG-)Wohnung von Aня Kasperskaya - von Ekaterina Volkova - 27.07.2025, 18:37

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