[Naugard] (WG-)Wohnung von Aня Kasperskaya

[Аня Kasperskaya]

Stille.

Ein Moment dehnt sich aus, lang wie ein Schatten.

[Ekaterina Volkova]

Ekaterinas Stirn zieht sich zusammen, aber ihre Stimme bleibt ruhig.

Ähm… Аня? Warum… trägst du eine Offiziersuniform?

[Аня Kasperskaya]

Sie senkt den Blick auf sich selbst. Аня blinzelt. Ihre Stimme kommt brüchig, beinahe kindlich.

Ich… Ich weiß nicht. Ich bin gerade aufgewacht…

Jetzt, da Ekaterina es ausgesprochen hat, scheint die Realität sie einzuholen. Ihre Augen wandern über den schweren Stoff, die klaren Linien der Uniform, die goldenen Knöpfe, die im Licht des Morgens matt glänzen. Der Stoff spannt leicht über ihrer Schulter, dort, wo das Emblem aufgenäht ist. Sie streicht mit zögerlichen Fingern darüber.

Wie konnte ich das nicht bemerken…?

Murmelt sie, fast zu sich selbst. Ein Anflug von Verwirrung mischt sich mit Ehrfurcht. Die Uniform sitzt perfekt, wie angegossen – zu perfekt.

Es fühlt sich richtig an, als würde ich dazugehören. Aber ich weiß nicht, wozu.

[Ekaterina Volkova]

Ekaterina sieht sie lange an, als suche sie nach einem Zeichen, dass das hier ein Scherz ist – ein Projekt, eine Verkleidung, irgendein Kunst-Statement, das sie vergessen hat.

Trägst du da … ein Rangabzeichen?

[Аня Kasperskaya]

Аня hebt die Hand, fährt vorsichtig über das Emblem an ihrer Schulter. Ihre Finger zittern leicht.

Majorin? Ich bin, glaube ich, Majorin… in meinem Traum war ich auch jemand anderes. Jemand, der Entscheidungen trifft.

[Ekaterina Volkova]

Ekaterina nimmt einen tiefen Zug von ihrer Zigarette und pustet den Rauch langsam zur Seite.

Vielleicht träumt dein Innerstes von Ordnung. Oder… von – Macht.

[Аня Kasperskaya]

leise Oder von Verantwortung. Davon, nicht mehr verloren zu sein.

Zwischen den Worten liegt ein Knistern, ein Flackern in der Luft, das nicht zu weichen scheint. Als würde sich die Welt um sie herum dehnen, als hätte der Schlaf etwas zurückgelassen – ein Echo, das nicht verhallt.

[Ekaterina Volkova]

Ekaterina drückt die Zigarette im Aschenbecher aus, ohne den Blick von Аня zu lösen.

Was war das für ein Traum?

[Аня Kasperskaya]

Аня schüttelt den Kopf, setzt sich langsam gegenüber, als könne jede Bewegung das fragile Gleichgewicht dieses Moments stören. Fast automatisch greift sie in die Tasche der Uniformjacke – und zieht einen Lolli hervor. Der rote Bonbon der "Tsar Victor Maufaktur für Süßwaren" glänzt in den ersten Strahlen der Morgensonne. Zögerlich öffnet sie das Knisterpapier, steckt ihn sich in den Mund – ein süßes Gegengewicht zur bitteren Verwirrung.

Ich war in einer Stadt, deren Name ich nicht kannte. Es war kalt. Menschen salutierten mir. Ich habe Befehle gegeben und … sie wurden befolgt.

Sie schaut an Ekaterina vorbei, als sähe sie das Bild noch immer vor sich.

flüsternd Und ich hatte das Gefühl … gebraucht zu werden.

[Ekaterina Volkova]

Wo war das? Also… wo warst du da in deinem Traum?